Filous Geschichte: Tierschutz ist nicht immer Tierschutz

credits: Stephanie Becker

Es klingt alles immer sehr romantisch: Kleine Hundeseelen aus dem Ausland suchen ein liebevolles Zuhause in Deutschland. Doch dass es in Wirklichkeit nicht ganz so rosig abläuft, haben Filou und ich leider am eigenen Leib erfahren dürfen

Vorweg zur Erklärung: Ich finde Auslandstierschutz generell sehr wichtig, unterstütze bestimmte Organisationen auch persönlich und finde es bewundernswert, was die Leute dort tagtäglich leisten. Doch wie so oft im Leben, gibt es auch in diesem Bereich Vereine, die nicht sonderlich seriös sind. Als Laie die Spreu vom Weizen trennen zu können, gestaltet sich äußerst schwierig und ist eigentlich unmöglich, wenn es doch im Prinzip nur darum geht, einer kleinen Hundeseele ein neues Zuhause zu schenken. Wie genau es bei Filou und mir abgelaufen ist und worauf man achten sollte, wenn man einen Hund aus dem Ausland adoptiert, möchte ich im Folgenden erklären.

Im Prinzip war es gar nicht geplant, dass ich einen Hund aus dem Ausland adoptiere. Dass es ein Hund aus dem Tierschutz werden sollte, war mir allerdings immer klar. Denn ich kann es einfach nicht nachvollziehen, warum man einen Rassehund kaufen muss, wenn doch so viele Lebewesen im Tierheim auf ein Zuhause warten. Doch das ist ein anderes Thema.

*Ich nenne im folgenden Text bewusst keine Namen von Vereinen, weil ich niemanden brüskieren oder bloßstellen möchte. Es handelt sich lediglich um meine persönliche Meinung und Erfahrung.

Hunde-Adoption: Wer genau ist mein Ansprechpartner?

Ich habe Filou damals durch Zufall auf der Homepage eines umliegenden Tierheims entdeckt, unter der Rubrik „Fremdvermittlung“. Also war nicht das Tierheim direkt mein Ansprechpartner, sondern der Tierschutzverein, der ihn unter seiner Obhut hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Filou (damals noch „Pompon“ genannt) allerdings bereits seit drei Monaten in Deutschland auf einer Pflegestelle. Der erste Kontakt lief dennoch über eine Frau beim Tierschutzverein ab, im Folgenden Frau Müller genannt. Nach zwei Mails erhielt ich die Telefonnummer der Pflegestelle, die ich hier als Frau Schwarz bezeichnen werde.

Ein Telefonat genügte, und ich hatte ein Treffen vereinbart, um Filou das erste Mal zu sehen. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Frau Müller, die Dame vom Tierschutzverein, Filou noch nie zuvor gesehen hatte. Also weder seinen Gesundheitszustand, noch sein Wesen persönlich beurteilen konnte. Mich „kannte“ sie nur durch einen eher knappen E-mail-Verkehr und durch ein Formular, das ich ausfüllen musste. Dort wurde abgefragt, wie meine Wohnsituation ist, ob ich bereits Erfahrung mit Hunden hatte und ob ich mich finanziell dazu in der Lage sehe, einen Hund zu versorgen.  Doch da kann man – sind wir mal ehrlich – so ziemlich alles angeben.

Auslandstierschutz: Vermittlung über fünf Ecken

Filou auf seiner Pflegestelle credits: Stephanie Becker

Der Weg zur Adoption war also geebnet, was auch nicht wirklich schwer war. Gemeinsam mit einer Freundin fuhr ich zu Filous Pflegestelle. Frau Schwarz hatte mir am Telefon des öfteren gesagt, dass es für Filou Zeit wird, eine Familie zu finden, schließlich sei er schon viel zu lange bei ihnen. Zu diesem Zeitpunkt war Filou circa drei Monate dort. Über Filous Charakter konnte sie mir am Telefon nicht wirklich Auskunft geben, auch, als ich nachfragte, ob er sich denn als Ersthund eignet kam nur eine eher schwammige Antwort. Doch davon ließ ich mich nicht abschrecken. Ich wollte mir den Kleinen persönlich anschauen und feststellen, ob wir harmonieren oder nicht.

Von der Pflegestelle war ich ehrlich gesagt geschockt. Vielleicht bin ich auch etwas zu naiv an die Sache ran gegangen, aber ich hatte mir etwas komplett anderes vorgestellt.
Frau Schwarz lebte auf einem alten Bauernhof im tiefsten Schwarzwald, es gab nur wenige Häuschen in unmittelbarer Nähe. Ihr Anwesen teilte sie sich neben einigen Hühnern und Hasen noch mit sechs eigenen Hunden: einem Chihuahua, einem Boxer, zwei Bordeaux-Doggen, einem weißen Schäferhund sowie einem Setter-Mischling, der damals gerade Welpen bekommen hatte. Und mitten im Getümmel mein kleiner Filou.
Frau Schwarz erklärte mir bei unserem Treffen, dass Filou eher schüchtern sei und auf Interessenten bislang nicht zugegangen sei, was wohl auch der Grund war, weshalb er noch nicht vermittelt wurde. Im selben Atemzug machte sie auch nochmal deutlich, dass es für Filou wirklich an der Zeit sei, zu gehen, da sie mit ihren Hunden und den Welpen schon genug um die Ohren hatte. Kurzum: Filou war übrig. Er durfte nicht wirklich am Familien-Leben teilhaben, schlief alleine im Keller („was der ja auch nicht anders kennt“) und erfuhr keine wirkliche Zuwendung von Frau Schwarz.

Ich fragte erneut nach, ob Filou denn ein geeigneter Ersthund sei, worauf ich nur zu hören bekam, dass man das so ja gar nicht sagen könne. Aber in diesem Moment war mir eigentlich auch schon alles egal, was Frau Schwarz erzählte. Denn Filou kam von sich aus auf mich zu, schnüffelte an mir und ließ sich streicheln. Von da an wusste ich, dass es eben so sein sollte.

Umzug ins neue Heim: Es kann nicht schnell genug gehen

Nachdem ich Frau Schwarz am Ende unseres ersten Treffens (das noch nicht mal eine Stunde dauerte) versicherte, dass ich auf jeden Fall Interesse an Filou habe, hieß es, ich müsste eine Mail an Frau Müller vom Tierschutzverein schreiben. Denn sie würde letzendlich entscheiden, ob ich Filou adoptieren darf, oder nicht. Was an sich eine Farce ist, denn sie kennt weder mich noch den Hund. Als ich fragte, ob es denn nicht besser wäre, wenn ich nochmal wiederkomme, bevor ich Filou adoptiere, damit er sich an mich gewöhnen kann, erntete ich ungläubige Blicke.

Schlussendlich lief alles wie am Schnürchen: Nach einer Mail an Frau Müller erhielt ich ihr Einverständnis und vereinbarte einen Abholtermin mit Frau Schwarz. Da ich Urlaub beeantragen musste und auch noch einige Besorgungen für Filou tätigen wollte, musste der Kleine noch zwei Wochen auf der Pflegestelle bleiben – sehr zum Ärgernis von Frau Schwarz.

Nochmal zusammengefasst:
– Frau Müller entscheidet, wer adoptieren darf. Kennt aber weder Mensch noch Hund
– Frau Schwarz kennt Hund und Mensch, hat aber bei der Aoption nichts zu enscheiden

Der erste Tag im neuen Heim credits: Stephanie Becker

Am Tag der Abholung wollte ich erstmal noch eine kleine Runde mit Filou spazieren gehen, bevor ich ihn ins Auto setze, doch Frau Schwarz packte ihn einfach in die Box mit den Worten: „Ach der hat vorhin schon gepinkel“. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sie ihn nicht schnell genug loswerden konnte…

Nach einer knapp zweistündigen Autofahrt, während der Filou verständlicherweise viel gewinselt, gepinkelt und auch gebrochen hat, kamen wir endlich bei mir Zuhause an. Und dann kam das böse Erwachen…

Niemand scheint sich den Hund genauer angeschaut zu haben

Filou wurde mir laut Übernahmevertrag als „kastrierter Rüde“ vermittelt. Doch als ich Zuhause das erste Mal so richtig mit ihm gekuschelt habe (bei meinem Besuch auf der Pflegestelle war das so nicht möglich) merkte ich, dass er noch ein „ganzer Mann“ war. Außerdem musste ich ihm zwei fette Zecken entfernen, die wohl schon eine Weile an ihm hingen.
Kurzerhand ging ich bereits in den ersten Tagen mit ihm zum Tierarzt, auch wenn das eigentlich nicht empfohlen wird. Aber da ich sowieso ein skeptisches Gefühl bezüglich der Pflegestelle hatte, wollte ich sicher sein, dass mit Filou alles in Ordnung ist. Dort fragte ich auch nach, ob es denn möglich wäre, dass Filou einfach sterilisiert, statt kastriert wurde, aber das wurde mir von meiner Tierärztin verneint.
Sie gab mir auch zur Sicherheit eine Wurmkur mit, die in den nächsten Tagen ihre ganze Wirkung erfüllte.

Wie sich herausstellte hatte die Pflegestelle Filou nicht regelmäßig entwurmt. Der Kleine hatte einige Spulwürmer, die wir aber Gott sei Dank alle beseitigen konnten. Bezüglich seiner doch vorhandenen Hoden fragte ich bei der Tierschutzorganisation nach. Frau Müller hielt Rücksprache mit der Tierärztin in Polen, die erklärte, dass der Kleine wohl einfach „durchgerutscht“ sei. Außerdem wurde mir gesagt, dass das ja nicht so schlimm sei. Frau Müller selbst habe laut Vertrag eine Hündin adoptiert, die sich dann als Rüde herausstellte…Sicherlich ist es nicht schlimm, dass Filou nicht kastriert ist. Im Gegenteil. Er war damals ja erst vier Monate alt und eigentlich noch viel zu jung für so einen Eingriff.
Aber: Er wurde auch als kastriert an die Pflegestelle vermittelt und dort ist es wohl während den ganzen drei Monaten niemandem aufgefallen. Was mir zeigt, dass sich keiner um ihn gekümmert hat.

Auf typische Reisekrankheiten wurde er übrigens auch nicht getestet, weil die TS-Orga das bei Hunden aus Polen nicht für notwendig hält – was definitiv fahrlässig und naiv ist. Im Prinzip sollen sämtliche Hunde aus dem Ausland getestet werden, egal woher sie kommen.

Filou heute: Er kuschelt sich öfter abends mal an mich und döst credits: Stephanie Becker

Am Ende bin ich einfach nur dankbar, dass ich den Kleinen habe. Dass wir irgendwie zueinander gefunden haben und dass es ihm gut geht und er endlich zur Ruhe kommen kann.
Doch so eine verworrene Prozedur über fünf Ecken, bei der so viele verschiedene Leute involviert sind, möchte ich nicht nochmal mitmachen. Für mich geht es bei der Adoption eines Hundes um das Wohl des Tieres. Aber wie kann das gewährleistet sein, wenn die entscheidenden Leute den Hund noch nicht einmal gesehen haben?
Bestimmt gibt es Organisationen, bei denen es geregelter abläuft, aber meine Erfahrung mit dieser reicht mir vorerst.

Die Vorstellung, dass Filou überspitzt gesagt zwei mal an mir geschnüffelt hat und nun den Rest seines Lebens bei mir verbringen muss und völlig überstürzt in ein Auto gepackt wurde, ohne das richtig verarbeiten zu können, zerreisst mir heute noch das Herz.
Ich bereue keine Sekunde mit dem kleinen Stinker, aber ich hätte mir für ihn gewünscht, dass alles ruhiger und strukturierter abgelaufen wäre. Das man ihm und mir Zeit gegeben hätte, uns in Ruhe aneinander zu gewöhnen. Und vor allem hätte ich mir gewünscht, dass sich jemand bereits in seinen ersten Monaten um ihn gekümmert hätte.

Fazit: Wenn ihr überlegt, einen Hund aus dem Ausland zu adoptieren, achtet wirklich darauf, dass der Verein einen seriösen Eindruck macht. Falls ihr die Möglichkeit habt, tauscht Euch mit Leuten aus, die bereits über diesen Verein einen Hund adoptiert haben. Nehmt Euch Zeit, den Hund kennenzulernen und fragt soviel nach, wie möglich. Es ist eine Entscheidung fürs Leben. Im Idealfall solltet ihr auch die verantwortlichen Personen kennenlernen – wenn nicht persönlich, dann zumindest telefonisch. Lasst Euch nicht drängen oder bei Eurer Entscheidung beeinflussen und vor allem achtet wirklich darauf, ob der Hut charakterlich zu Euch passt und ob ihr seinen Bedürfnissen gerecht werden könnt.

10 Gedanken zu “Filous Geschichte: Tierschutz ist nicht immer Tierschutz

  1. monimonikablog 15. Januar 2020 / 23:05

    Hmm. Da lief ja einiges schief. Unserer ist auch aus dem Ausland, ebenfalls vom Tierschutz, aber etwas geregelter. Du bist für Filou der Lottogewinn.

  2. Filous Frauchen 15. Januar 2020 / 23:08

    Das freut mich sehr für Euch, dass ihr und Euer Hund eine schönere Erfahrung machen durftet 🙂
    Oh Danke … aber er ist es genau so auch für mich 🙂

    • monimonikablog 15. Januar 2020 / 23:34

      So geht es uns auch. Unser Tom ist unser Gewinn. Alles Liebe

  3. >> Fiete & Me << 24. Januar 2020 / 12:29

    Ohjee… Fiete wurde mir damals selbst als „geeigneter Bürohund“ und „Anfängerhund“ angepriesen, aber war leider auch das Gegenteil. Mich würde schon stutzig machen, dass dein Filou mit 3 Monaten schon von der Pflegestelle ausziehen soll, denn gewöhnlicherweise ziehen Welpen aus dem Ausland ja erst mit 3 Monaten auf eine Pflegestelle wegen Imfpungen und pipapo.

    Sein größtes Problem war seine Angst vor Menschen – er hat aber sehr schnell eine Bindung zu mir aufgebaut und mit viel Liebe und Geduld haben wir alle Macken und Marotten in den Griff bekommen.

    Ein Hund mit einer vermutlich „schwierigen“ Vergangenheit ist immer eine Aufgabe, aber auf die würde ich mich auch ein zweites oder drittes oder viertes mal einlassen 🙂

    • Filous Frauchen 24. Januar 2020 / 12:33

      Oh das ist vielleicht etwas missverständlich im Text geschrieben: Filou war drei Monate auf der Pflegestelle, als ich ihn adoptiert habe…also er selbst war damals knapp 6 Monate alt 🙂

      Da habt ihr ja eine ähnliche Geschichte erlebt wie wir 🙂 Freut mich sehr, dass es Fiete jetzt gut bei Dir hat, trotz allen Widrigkeiten ❤️

      • >> Fiete & Me << 5. Februar 2020 / 18:39

        Ach, ich hab mich schon gewundert 😀

        Auch dein kleiner Filou hat ein riesiges Glück mit dir :-). Ich frage mich immer, was aus „schwierigen“ Hunden wie Fiete oder Filou geworden wäre, wenn sie zu Besitzern gekommen wären, die anders mit den Baustellen umgehen, wie wir es tun…

        Eine schöne Woche euch 🙂 <3

      • Filous Frauchen 6. Februar 2020 / 08:28

        Daran möchte ich gar nicht denken … Es hat schon alles seinen Sinn, warum die Kleinen zu uns gefunden haben 🙂

  4. puerzelchen 15. September 2020 / 23:27

    Ich würde immer wieder …!
    Nach vielen Tierheimhunden in meiner Kindheit, einem Fundhund, einem Hund aus einem Messiehaushalt und vier Hunden aus Italien, kann ich nur sagen: Immer wieder und soooo gerne würde ich einen dieser supertollen Hunde nehmen. Besonders die so wahnsinnig gut in der hündischen Gesellschaft sozialisierten Hunde aus dem Ausland mit ihr genialen Kommunikation untereinander haben es mir angetan!

    • Filous Frauchen 16. September 2020 / 07:21

      Für mich kommt definitiv auch nur ein Hund aus dem Tierschutz in Frage. Nur wie im Artikel erwähnt, habe ich meine Bedenken bei Hunden aus dem Auslands-Tierschutz. Nicht wegen der Tiere, die sind super … sondern weil ich leider einige Organisationen kenne, bei denen nicht alles so läuft, wie es sollte …

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