Hundetrainer: Wer ist hier der Rudelführer?

credits: Stephanie Becker

Bei der Hundeerziehung ist es wie mit Kindern: Jeder weiß es besser und am besten wissen es die, die keine haben. Auch wir waren anfangs bei einer „Trainerin“, die den Titel auf keinen Fall verdient hat. Deshalb gibt es hier ein paar Tipps, worauf ihr bei der Trainerwahl achten solltet.

Mit dem Beruf des „Hundetrainers“ ist es so eine Sache: Es ist noch gar nicht so lange her, dass beschlossen wurde, es bedarf eines Zertifikats, um diesen Beruf ausüben zu dürfen. Meiner Meinung nach hätte es das von Beginn an gebraucht, denn bei falscher Herangehensweise sind nicht nur Hunde- sondern auch Menschenleben in Gefahr. Doch bis vor Kurzem durfte sich quasi jeder „Hundetrainer“ schimpfen, der „jahrelange Erfahrung“ auf dem Hundeplatz hatte oder einfach schon als Kind ein paar Dackel hatte und jetzt meint, er hat die Weisheit mit Löffeln gegessen. Was dabei rauskommt, wenn solche Leute als „Hundetrainer“ auf die Mensch- und Hundewelt losgelassen werden, mussten Filou und ich am eigenen Leib erfahren.

Eigentlich wollte ich mit Filou weder eine Hundeschule, noch einen Trainer besuchen. Doch da ich nach einiger Zeit merkte, dass er ein paar Baustellen hat, die ich alleine einfach nicht in den Griff bekommen würde, machte ich mich auf die Suche nach einem Trainer. Wenn, dann sollten es Einzelstunden werden, wo man sich ganz auf Filou konzentrieren würde.
Schnell wurde mir aber klar, dass es unzählige Hundetrainer gibt. Wie sollte ich da den richtigen finden? Einige sortierte ich schon aufgrund ihres Internetauftritts aus. Dennoch war die Auswahl überwältigend. Also hörte ich mich im Bekanntenkreis um und mir wurde eine „Trainerin“ empfohlen, die wahre Wunder vollbringen könne. Ich war skeptisch, aber dennoch neugierig. Anscheinend hatte sie es geschafft, den überaus stürmischen und dickköpfigen Labrador Retriever einer Bekannten innerhalb kürzester Zeit zu bändigen. Ich warf einen Blick auf ihre Homepage und war zunächst angetan.

Es ist wichtig zwischen den Zeilen zu lesen

Aus heutiger Sicht könnte ich mich für damalige Naivität Ohrfeigen, doch damals war ich einfach nur geblendet. Auf der Seite stand etwas von „artgerechter Beziehungsarbeit, die sich die Natur zum Vorbild nimmt“ und ich dachte, das klingt ja ganz vernünftig. Also vereinbarte ich einen Termin und schon wenige Tage später war es dann so weit.
Die „Trainerin“ wollte wissen, was genau denn das Problem von Filou ist und ich sagte ihr, dass er zum einen fremde Männer anbellt (vermutlich aufgrund seiner Vorgeschichte) und zum anderen der Rückruf noch ausbaufähig sei. Das mit dem Bellen wolle sie erstmal beobachten, denn sie sei sich sicher, dass das aufhört, wenn man das mit dem Rückruf besser hinbekommt…ich war gespannt.

Zuerst sollte ich mit Filou eine Runde mit dem Zergel spielen, danach ging es an den Rückruf. Filou und ich waren auf einem eingezäunten Fußballplatz, ich ließ ihn schnüffeln, entfernte mich und rief ihn zu mir. Er schaute zu mir, machte sich auf den Weg – und hielt zwischendurch an, um zu Pinkeln. Danach kam er zu mir. Ich musste schmunzeln, denn ich persönlich fand es nicht schlimm, dass er zwischendurch gestoppt hat. Klar, es war nicht ideal, aber er hat halt seinen eigenen Kopf.
Doch die „Trainerin“ war so gar nicht amüsiert. Sie stürmte auf Filou zu und ehe ich mich versah, griff sie ihm in den Nacken. Er wusste gar nicht, wie ihm geschah und versuchte nach ihr zu schnappen – in meinen Augen völlig zu Recht. Da packte sie nochmal zu und ich war komplett perplex.

Körperliche Maßregelungen sind weder natürlich noch förderlich

Ich fragte, was das soll und bekam zu hören, dass mich Filou durch sein verhalten „verhöhnt“ hätte und er gezeigt habe, dass er keinen Respekt vor mir hätte. Da müsse man ihn maßregeln. Sie habe das übernommen, weil sie den Nackengriff schon beherrsche. In dem Moment wusste ich gar nicht mehr, was ich sagen soll, aber die Stunde war zum Glück schon beendet. Wie vereinbarten einen weiteren Termin, auch wenn ich die Stunde mit einem sehr mulmigen Gefühl verlassen hab.
Bis zum nächsten Mal übten Filou und ich, aber der Rückruf klappte eher schlechter anstatt besser. Das berichtete ich auch in der nächsten Stunde. Doch wir wurden unterbrochen, denn Filou bemerkte einen Mann, der aus einem Haus lief und begann zu bellen – zack, setzte es wieder einen Nackengriff der Trainerin. Alles passierte so schnell, dass ich gar nicht reagieren konnte. Und Filou bellte trotzdem weiter. „Das sitzt aber tief bei dem“, meinte sie und betonte, dass Filou  noch nicht begriffen habe, dass ich jetzt der „Rudelführer“ sei.

Zwar kann ich heute nicht mehr sagen warum, aber ich vereinbarte trotzdem eine dritte Stunde. Doch diese zeigte mir nur noch mal, dass mein Entschluss richtig war: Ich brach das „Training“ nach der dritten Stunde ab, auch wenn ich gleich zu Beginn für acht Stunden bezahlt hatte. Einen offiziellen Vertrag habe ich bis heute nicht gesehen.

Hunderziehung geschieht auf Augenhöhe und gewaltfrei

credits: hexe und hund

Ich kann von Glück reden, dass Filou kein Trauma davon getragen hat. Das hätte ich mir nie verzeihen können. Dennoch mussten wir den Rückruf mit viel Geduld von Neuem aufbauen, denn der Nackengriff hatte ihn nachhaltig verunsichert, was völlig verständlich ist.
Das Anbellen fremder Männer haben wir mit Geduld auch in den Griff bekommen, auch wenn er es manchmal immernoch macht – aber nur in absoluten Stresssituationen.

Es gibt vieles, was mich an dieser „Trainerin“ gestört hat – mal ganz abgesehen davon, dass körperliche Maßregelungen in meinen Augen gar nicht gehen. Doch mich hat vor allem stutzig gemacht, dass sie nie genauer gefragt hat, was Filous Geschichte ist. Sie hat einfach ihr gewohntes Programm abgespult, ohne auf die individuellen Bedürfnisse von Filou einzugehen. Und das zeigt mir schon, dass sie Hunde nicht als vollwertige Lebewesen wahrnimmt, sondern als irgendwas, das es zu unterdrücken gilt. Denn sie ist ja der „Rudelführer“

Mag ja sein, dass es Hunde und Halter gibt, die diese Art der „Erziehung“ gut heißen. Und es kann auch sein, dass der oben erwähnte Labrador nach dem „Training“ besser hört. Doch bestimmt nicht aus Vertrauem, sondern aus purer Angst, dass es ansonsten wieder einen Griff in den Nacken gibt – der jedes Mal aufs Neue wie ein Mordanschlag auf den Hund wirkt. Denn mit einem Nackengriff wird Beute getötet.

Was zeichnet einen guten Hundetrainer aus?

Diese sehr unschöne Erfahrung hat mir gezeigt, was einen guten Hundetrainer wirklich ausmacht. Und das fängt schon bei kleinen Dingen an, wie:

– es gibt einen schriftlichen Vertrag
– es gibt eine „Geld-zurück-Garantie“, falls aus irgendwelchen Gründen das Training nicht fruchten sollte

Aber vor allem zeichnet einen guten Hundetrainer aus, dass er:

– individuell auf den Hund eingeht
– keinerlei körperliche Maßregelung vornimmt
– sich immer weiterbildet und keine veralteten Methoden vertritt
– das heute notwendige Zertifikat hat

Zu veralteten Methoden zählt in meinen Augen das „Rudelführer“-Denken, was heute noch oft verteten wird. Hunde sind durchaus in der Lage zu erkennen, dass wir Menschen keine anderen Hunde sind.
Auch wird der „Rudelführer“ oft im Zusammenhang damit genannt, dass es den bei Wölfen ja auch gibt. Doch das ist so nicht richtig. Wölfe leben in Familien-Verbänden und dort haben immer die Elterntiere das sagen. Ein klassischer „Rudelführer“ existiert also gar nicht.
Deshalb wäre es am natürlichsten, wenn wir unseren Hunden einfach auf Augenhöhe begegnen. Sie wissen intutiv, dass wir einen „höheren Rang“ haben, doch es liegt an uns, ihnen dies auch in kritischen Situationen zu zeigen. Zum Beispiel wenn Gefahr von einem anderen Hund droht. Tun wir dies nicht, übernehmen die Hunde die Beschützer-Rolle, was von vielen als „aufmüpfig“ und „unerzogen“ missgedeutet wird.
Vielleicht wäre es deshalb sogar besser, wenn es nicht „Hundetrainer“ sondern „Hhundehalter-Trainer“ heißen würde…das würde unseren Vierbeinern einige unschöne Situationen ersparen.

Fazit: Prinzipiell ist ein Hundetrainer absolut empfehlenswert, wenn er denn bestimmte Kriterien (s. oben) erfüllt. Solltet ihr auch nur den Hauch eines Unwohlseins in einer Stunde verspüren, tut Euch und Eurem Vierbeiner den Gefallen und brecht ab. Zögert es nicht unnötig in die Länge, denn die Spätfolgen können verheerend sein. Ich hatte mit Filou noch Glück, doch es hätte auch anders ausgehen können…

4 Gedanken zu “Hundetrainer: Wer ist hier der Rudelführer?

  1. mamatier 5. April 2020 / 00:03

    Danke!!!! Du sprichst mir aus der Seele. Ich habe seit vielen, vielen Jahren Hunde. Ich habe viele, viele Hundetrainer kennengelernt. Irgendwann habe ich durch Zufall bemerkt, dass ich irgendwie ein Händchen für die Hundeseelen habe, aber es war nie mein Wunsch Hundetrainer zu werden oder zu sein, das gilt bis heute. Ich habe einige Jahre ehrenamtlich im Tierheim mit den unterschiedlichsten, auch extrem schwierigen Hunden gearbeitet, auf meine Art. Ich kann es gar nicht erklären, aber es hat funktioniert. Eine Freundin von mir hat mal gesagt: „Du erspürst die Hunde, es ist eine extreme Art der Empathie und es funktioniert.“ Inzwischen ist es so, dass ich ab und zu Hundehalter mit ihren Hunden treffe, die mir etwas erzählen und ich frage dann einfach, ob ich Ihnen einen Tipp geben darf. Wenn ja ist gut, wenn nein ist auch gut. Ich liebe diese vierbeinigen Individualisten… aber Trainer, nein. Ich mag die Tiere, aber ich mag die wenigsten Hundehalter. Ich bin immer sehr glücklich, wenn ich Hundehalter treffe, die bewusst und echt mit ihren Hunden umgehen. Und bei Dir klingt es so. Es freut mich auch immer sehr, wenn ich Hundetrainer treffe, die es genauso handhaben… das ist aber eher selten.

  2. puerzelchen 15. September 2020 / 23:41

    Ich liebe die Arbeit als Hundehaltertrainer. Ich verstehe mich als Dolmetscher: Ich will, dass die Menschen die Hundesprache und das hundliche Verhalten verstehen lernen und auch ein bisschen hündisch sprechen lernen. Ich will ihnen lerntheoretisch basierte Werkzeuge mitgeben, um ihrem Hund fair gesellschaftlich notwendige Fähigkeiten und Signale beizubringen. Ich möchte ihnen zeigen, wie sie die gegenseitige Bindung stärken können, wie sie vom Hund als kompetenter und zuverlässiger Führer anerkannt werden können und welche Bedürfnisse ihr Hund hat. Ich mag auch viele Hundehalter nicht, aber die kommen auch gar nicht erst zu mir. Wenn man auf seiner Homepage klar darstellt, wie man tickt, kommen auch nur die „richtigen“ Menschen. Meine Mensch-Hund Teams sind ALLE total super und ich bin mega stolz auf sie! Es ist jedesmal toll zu sehen, wenn sie irgendwann ihren Hund anschauen und sagen: „Ich hab dich soooo unendlich lieb.“ Da geht mir das Herz auf!

    • Filous Frauchen 16. September 2020 / 07:27

      Da haben wir ja fast identische Ansichten 🙂 Im Oktober fang ich jetzt tatsächlich meine Ausbildung zur Hundetrainerin an, genau aus den Gründen, die Du aufgeführt hast. Ich werd sicherlich auch nicht mit allen Menschen klarkommen, aber ich denke, die die wirklich etwas an sich ändern möchten und lernen möchten, werden gerne mit mir gemeinsam arbeiten

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