Der Trend zum Zweithund: Sind Hunde nur im Rudel glücklich?

credits: Stephanie Becker

„Was ist besser als ein Hund?“ „Zwei Hunde“. Diesen Spruch dürften Hundehalter schon zig Mal gehört oder gelesen haben. Das mag vielleicht sogar stimmen, aber die Realität sieht leider oft anders aus.

Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon abends vor dem Laptop oder Handy gesessen bin und mir Bilder von Tieschutz-Hunden angeschaut hab. „Schau mal Schatz, der ist doch niedlich!“ „Oh ja! Und der Unterbiss, total goldig!“. Ja, wir liebäugeln schon lange mit einem Zweithund. Aber schlussendlich bleiben es Träumereien. Denn auch wenn ich am liebsten alle Hunde dieser Welt retten würde, so habe ich mich anfangs für Filou entschieden. Und für mich kommt es nicht in Frage, dass er am Ende unter meiner Liebe zu Hunden leiden muss.

„Wieso denn das?!“, wird sich jetzt der ein oder andere fragen. „Hunde sind doch Rudeltiere und brauchen Artgenossen, um glücklich zu sein“. An dieser Stelle möchte ich nochmal auf diesen Artikel von mir verweisen und vorweg nehmen: Ja, es gibt Hunde, die im Rudel glücklich sind. Aber es gibt genau so auch Hunde, die niemand anderen außer ihren Menschen brauchen. Es sind Individuen, genau so wie wir auch. Nur weil manche Menschen gerne Party machen, trifft das nicht automatisch auf alle zu.

„Wann holt ihr Euch den nächsten?“

Den meisten Paaren dürfte das bekannt vorkommen: Erst wird man ständig gefragt, wann man denn nun ein Kind bekommt und wenn eins da ist, wird man ständig gefragt, wann den nun das zweite kommt. Weil „Einzelkinder sind doch immer so verwöhnt“. Man kann es der Gesellschaft nie recht machen, und schon gar nicht der eigenen Familie, also brauchen wir uns damit gar nicht weiter befassen.
Dieses Drängen und diese Denkweise scheint aber so langsam auch in der Welt der Hundehalter angekommen zu sein. Ich wurde auch schon häufig gefragt, wann ich denn einen „Spielkameraden“ für Filou hole. Wenn ich dann antworte „vermutlich nie“, kommen die ungläubigen Blicke und ungefragten Ratschläge.

Ein Zweithund ist kein Problemlöser

Oft höre ich dann Sätze wie „Aber dann wäre er doch nicht mehr so alleine“, „Dann hättet ihr ja aber wieder mehr Zeit für Euch“ oder „Also ich glaube Filou fände das toll!“.

Hier alle Antworten mal durchgespielt: „Wenn wir nicht da wären, wären die Hunde eben zu zweit alleine. Ein Hund kann keinen Menschen ersetzen und umgekehrt. Im schlimmsten Fall würde sich die Verlustangst sogar noch potenzieren.“

Dass man mit zwei Hunden wieder mehr Zeit für sich hat, weil sich die Vierbeiner ja gegenseitig bespaßen ist komplett falsch gedacht – zwei Hunde bedeuten doppelte Arbeit. Denn es ist wichtig, dass jeder Hund auch mal „quality time“ mit seinen Menschen alleine verbringen kann – sprich, einzeln Gassi gehen, alleine spielen etc.

Der letzt Punkt ist so ziemlich der wichtigste, bei einer Entscheidung für oder gegen einen Zweithund. In unserem Fall lautet die Antwort klar: „Nein, Filou fände das ganz und gar nicht toll. Zum einen ist er stark auf mich fixiert und teilt mich nur ungern, zum anderen ist er äußerst wählerisch, was andere Hunde angeht und zudem ist er nicht der Typ Hund, der andere Hunde unbedingt braucht“

Ein Zweithund sollte für alle eine Bereicherung sein

Würde es nur nach mir und meiner Liebe zu Hunden gehen, hätten wir schon längst zwei, wenn nicht sogar drei Hunde. Aber das wäre absolut egoistisch und unfair gegenüber Filou. Schließlich ist er genau so Teil der Familie, wie mein Partner und ich und somit hat er genau so bei der Entscheidung ein „Wörtchen mitzureden“.

Wer sich also einen Zweithund holt, ohne auf den Charakter und Bedürfnisse des Ersthundes zu achten, handelt in meinen Augen absolut falsch und wird dies früher oder später auch bereuen.
Schon oft hatte ich Gespräche auf dem Hundeplatz, die Sätze enthielten wie „Wir haben uns jetzt einen Welpen geholt, aber die alte Dame kommt damit nicht klar“ oder „Wir hoffen, dass die zwei sich in ein paar Jahren aneinander gewöhnt haben.“

Viele Leute haben es im ersten Moment einfach nur gut gemeint. Wollten einem Hund aus dem Tierschutz ein Zuhause schenken, unabhängig davon, dass in diesem Zuhause schon ein Hund wohnt. Und vielleicht möchte dieser Hund sein Heim einfach nicht teilen. Und dies sollte in meinen Augen auch respektiert werden.

Die Liebe verdoppelt sich – und die Kosten

Sicherlich bedeutet ein weiterer Hund auch mehr Liebe, mehr Kuscheln – aber auch mehr Kosten. Und das nicht nur beim Futter, auch bei der Ausstattung, bei der Pflege und vor allem beim Tierarzt. Selbst die jährlichen Impfungen oder einfache Medikamente, die das Jahr über verabreicht werden müssen kommen im gesamten auf mehrere hundert Euro – und das dann mal zwei. Hinzu kommt natürlich noch die Hundesteuer.

Ich könnte noch eine Weile so weitermachen, aber schlussendlich läuft es darauf hinaus: Ein zweiter Hund sollte nie aus falscher Tierliebe angeschafft werden. Ja, es gibt so viele arme Seelen, die gerettet werden wollen und es gibt noch mehr süße Hunde, mit denen man einfach nur kuscheln möchte. Aber wenn man schon einen Hund hat, weiß man, was das für eine Verantwortung mit sich bringt. Und damit hat man auch schon die Verantwortung dafür, dass es diesem Hund gut geht – und das ist eben nicht automatisch mit einem Artgenossen der Fall.

Fazit: Stand heute werde ich weiterhin süße Hundebilder anschauen und mir vorstellen „was wäre wenn“. Aber dann werde ich neben mich aufs Sofa schauen und einen zufrieden schlafenden Filou sehen und mir denken „das wäre mit einem Zweithund nicht möglich“, denn das wäre für Filou nur Stress. Nach etwas mehr als zwei Jahren ist er wirklich definitiv bei mir angekommen und er ist nunmal ein kleiner Einzelprinz – und das darf er auch gerne sein

3 Gedanken zu “Der Trend zum Zweithund: Sind Hunde nur im Rudel glücklich?

  1. puerzelchen 4. September 2020 / 20:23

    Ja, da hast du Recht, nicht jeder Hund sehnt sich nach einem Zweithund. Bei uns sind es zufällig mehr geworden. Unser „Erster“ ist seeehr kontaktfreudig, er liebt tatsächlich andere Hunde! Unsere Zweite, die Dackeline, kam eigentlich nur kurz als Pflegehund und blieb dann. Die beiden haben sich geliebt. Als sie starb, war unser „Erster“ wie verrückt nach jedem anderen Hund. Er durfte sich dann seine neue Freundin selber aussuchen und kam wieder zur Ruhe. Mittlerweile sind es vier und sie bereichern sich tatsächlich sehr. Immer noch ist es mir aber sehr wichtig, nie Kuscheln und Training mit dem „Ersten“ zu vernachlässigen! Er hat als Rüde jetzt seine drei Mädels, die ihn alle lieben. Den möglichen Stress mit einem anderen Rüden wollte ich ihm nicht zumuten.

    • Filous Frauchen 15. September 2020 / 22:22

      Ist doch super, wenn es so gut funktioniert und alle Hunde damit glücklich sind 🙂 und ich finde es klasse, dass ihr darauf achtet, dass keiner zu kurz kommt

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